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Darum sind die Briten im Goldfieber

Großbritannien hat sich in Rio als Olympia-Weltmacht etabliert.

Die Olympischen Spiele in Rio sind Geschichte. Ein Gewinner steht fest. Großbritannien! Die Briten schoben sich im Medaillenspiegel hinter Weltmacht USA auf Rang zwei, ließen sogar Top-Nationen wie China und Russland hinter sich. Mit 67 Medaillen toppte das Vereinigte Königreich sogar das Ergebnis bei den heimischen Spielen 2012 in London (65).

Tennis-Star Andy Murray gewann im Herren-Einzel Gold.

Was ist das Erfolgsgeheimnis der Briten?

Rückblick: Bei den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta gehörte Großbritannien noch zu den Exoten im Feld. Das Königreich errang nur einmal Gold und belegte im Medaillen-Ranking Platz 36. Die Stunde Null. Danach wurde das britische Sport-System auf den Kopf gestellt. 1997 gründete sich die staatliche Agentur „UK Sport“, die die nationale Sportförderung revolutionierte. Mit dem Zuschlag für die Ausrichtung der Spiele 2014 in London flossen jährlich rund 125 Millionen Euro aus Lotteriegeldern und Mitteln der Regierung in den Spitzensport.

Vor allem die medaillenträchtigen olympischen Sportarten wie die Leichtathletik, Schwimmen, Rudern und das Bahnradfahren erhielten beträchtliche Unterstützung. Neben der Einzelförderung von Sportlern, die bis zu 75 000 Euro jährlich erhielten, trieb der Dachverband den Ausbau von Sportstätten voran. In Manchester (Bahnrad), Leeds (Turmspringen) und an den Universitäten von Bath und Loughborough (Schwimmen) entstanden moderne Trainingszentren. Zudem wurde in Trainer, Ausbildung, Ärzte und Scouting investiert.

Bahnrad-Fahrer Jason Kenny triumphierte im Keirin-Rennen.

Mit Erfolg. In London stieg das britische Olympia-Team wie Phönix aus der Asche. Mit 65 Medaillen, darunter allein 29-mal Gold, katapultierten sich die Gastgeber auf Rang drei des Medaillenspiegels, hinter den USA und China. Allein im Bahnradsport räumte das britische Team sieben von zehn Goldmedaillen ab. Selbst in Sportarten wie Boxen (3), Kanu (2) und Taekwondo (1), die nicht immer zu den britischen Domänen zählten, waren die Athleten plötzlich auf Goldkurs.

Vier Jahre später ging der Medaillen-Hype in Brasilien ungebremst weiter. Doppel-Olympiasieger wie Turner Max Whitlock oder Tennisspieler Andy Murray versetzten die Briten in Extase. Großbritannien erreichte nicht nur das Ergebnis von den Spielen in London, sondern überholte in der Medaillenwertung sogar die Chinesen. „Dieser Erfolg ist kein Zufall. Das ist das Ergebnis von konsequenter, schlüssiger und gezielter Investition der Lotterie“, jubelte Simon Timson, Direktor von „UK Sport“. Kein Wunder. Seine Organisation pumpte zwischen 2013 und 2017 allein 400 Millionen Euro in den Spitzensport.

Max Whitlock räumte Doppel-Gold im Turnen ab.

Trotzdem wird auch Kritik an der britischen Olympia-Förderung laut. Gelder erhalten nur die Disziplinen, die Titel und Medaillen versprechen. „Es macht keinen Sinn, Sportarten zu fördern, die sich nicht qualifizieren“, sagte Großbritanniens Sportminister Hugh Robertson. Vor allem den Mannschaftssportarten wurde seit 2012 der Geldhahn zugedreht. Das Handballteam, das in London aus dem Boden gestampft wurde und Zuschauer begeisterte, verschwand im Niemandsland. Auch Volleyballer und Individualsportler wie Ringer, die noch bei den Heim-Spielen unterstützt wurden, gingen unter.

Bislang gibt das Konzept den Briten Recht. Selbst in Deutschland, wo Gelder häufig nach dem Gießkannen-Prinzip verteilt werden, könnten sich Sport-Verbände künftig am britischen „Gold-System“ orientieren. Gerade in den medaillenreichen Sportarten wie Schwimmen und Leichtathletik, in denen die deutschen Olympioniken 2016 nahezu leer ausgingen, muss dringend ein Umdenken einsetzen. Sonst spielen Amerikaner, Briten und Chinesen bei Olympia über Jahrzehnte in einer anderen Liga.

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