Earth

Der "Sheriff" und seine Thronfolger

Peyton Manning konnte Cam Newton und Co. noch in Schacht halten

Im American Football vollzieht sich derzeit ein Generationswechsel. Quarterbacks, wie Tom Brady und Peyton Manning schreiben Geschichte und sind Ikonen des ovalen Leders. Doch während die Einen sich noch von Titel zu Titel und von Rekord zu Rekord werfen, entwickelt sich eine neue Art des Quarterbacks. Vorreiter dieser neuen Gilde ist Cam Newton. 17 Siege in 19 Spielen sprechen in dieser Saison eine deutliche Sprache. Doch eine der beiden Niederlagen setzte es ausgerechnet im Superbowl.

Der 50. Superbowl ist immer noch in aller Munde. Das größte Sportevent der Welt verfolgten in diesem Jahr fast eine Milliarde Menschen an den Bildschirmen. Allein in Deutschland wurden mitten in der Nacht zwei Millionen Zuschauer beim 24:10-Sieg der Denver Broncos gegen die Carolina Panthers vermeldet – ein Rekord für Sat.1, das in der werberelevanten Zielgruppe zeitweise bei fast 50 Prozent lag.

Den Titel im großen Finale der Saison der National Football League hat „Sheriff“ Peyton Manning freilich seiner Defensive zu verdanken: Die Scoring-Maschine der Panthers, die in den beiden vorangegangenen Playoff-Duellen jeweils 30 Punkte und mehr erzielte, biss sich immer wieder die Zähne aus. Besonders hervorzuheben war auf Broncos Seite der Defense Linebacker Von Miller. Gleich mehrfach drang er während des Spiels bis zu Panthers-Spielmacher Cam Newton vor, setzte ihn stark unter Druck oder riss ihn gar zu Boden. Entsprechend verdient, wurde Miller als Defensivspieler der MVP des Superbowls. Die Auszeichnung geht sonst eher an den erfolgreichen Quarterback oder den Receiver mit den meisten Touchdowns und Yards.

Cam Newton, vor dem Super Bowl zum wertvollsten Spieler der gesamten Saison gekürt, fand sich viel öfter auf dem Boden wieder, als er es gewohnt war. Eingeschüchtert oder auch nervös, bei seinem ersten Superbowl überhaupt, fand er nur selten nur seinem Spiel. So stand nur ein Touchdown auf der Habenseite der Panthers, der bisher besten Offensive der Liga. Da bewahrheitete sich der alte Spruch mal wieder: Die Offensive gewinnt Spiele, die Defensive gewinnt Meisterschaften.

Die doppelte Nummer 1

Doch es war nicht nur das Duell Broncos gegen Panthers, vielmehr war es das Generationenduell Manning gegen Newton. Nie war der Altersunterschied zweier Super-Bowl-Quarterbacks größer und noch nie gab es das Superbowl-Duell zweier First-Round-Pick-Quarterbacks ihres jeweiligen Jahrgangs. Von einem Duell mit Generationswechsel-Charakter konnte man in Vorhinein sprechen. Der Vollzug blieb noch aus. Am Ende setzte sich, neben der bärenstarken Defense, vielleicht auch die Erfahrung des Rekordmannes Manning durch. Auch wenn er weit von einer endspielwürdigen Offensivleistung entfernt war, führte er seine Broncos immerhin zu 24 Punkten, auch wenn er im Endeffekt keinen einzigen Touchdown-Pass beitragen konnte. Viele schnelle Turnovers hielten weder Manning noch Newton lange auf dem Feld. Auch wenn es das Finale nicht gezeigt hat, vollzieht sich in diesen Jahren der Wechsel der Quarterback-Generationen, nicht nur weil Peyton Manning an dem Punkt seinen größten Triumphes aufhören wird.

Das Gameplay des Cam Newton war fast die ganze Saison überragend. Nur eine Niederlage in 18 Spielen bis zum Superbowl. Newton verkörpert einen neuen Typus des zentralen Spielgestalters. Er ist aber nicht der Einzige dieser neuen Art Quarterback. Auch Russell Wilson, Colin Kaepernick und Andrew Luck verkörpern das neue Gameplay in der NFL. Sie machen das Spiel für die gegnerische Defense noch komplizierter, da das eigene Offensivspiel viel variabler wird. Herkömmlicherweise wird der Ball vom Quarterback über das Spielfeld zu einem Receiver geworfen oder er übergibt den Ball einem Runningback, der sich „im Nahkampf“ durch die Verteidigungsreihen ackert. Die neue Generation Quarterback bringt eine weitere Option mit ins Spiel. Sie können selbst mit dem Ball laufen. Das kann die ältere Gilde, um Peyton Manning und Ben Roethlisberger zwar auch, doch sie sind schlichtweg zu unbeweglich und zu langsam, um einen großen Raumgewinn erzielen zu können.

Laufstarke Quarterbacks gewinnen vielleicht Spiele in der Hauptrunde, aber keine Playoff-Partien oder gar Meisterschaften – das war unter Experten die jahrzehntelang gültige Lehre.

Doch nun sind da Jungs, wie Cam Newton. Der trotz 1,95 Meter und 110 Kilogramm enorm antrittsschnelle und bärenstarke Sprinter ist nach Colin Kaepernick (2013) und Russell Wilson (2014 und 2015) der dritte laufstarke Spielmacher, der es nach 20 Jahren ohne einen solchen Typus, in den Superbowl geschafft hat. Auch diese Statistik deutet den Wechsel zum neuen Quarterback-Play an. Das heißt aber nicht, dass die Gilde, um Manning, Brady und Rodgers keine Titel mehr holt. Das konnte der „Sheriff“ vor ein paar Tagen noch beweisen. Trotzdem müssen sie in Zukunft mehr als ihre jungen Kollegen für den Erfolg tun.

Bildquellen: GettyImages