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Formel 1 2018 – Setzt Williams auf Geld oder Talent?

+++ Traditionsrennstall vergibt letztes Cockpit an Sergey Sirotkin +++

Den letzten Platz im Formel 1-Feld des Jahres 2018 hatte Williams zu vergeben. Das Cockpit beim Traditionsteam aus England war heiß begehrt, doch die Entscheidung wurde durch rund 15 Millionen Euro Sponsorengeld sicher etwas einfacher gemacht.

Im kommenden Jahr geht somit neben dem Kanadier Lance Stroll der 22-jährige Russe Sergey Sirotkin an den Start und wird beim Saisonauftakt in Melbourne am 25. März sein Grand Prix-Debüt feiern.

Comeback geplatzt – Robert Kubica nur Testfahrer

Die Entscheidung für Sirotkin war zudem eine Entscheidung gegen den Polen Robert Kubica. Für den mittlerweile 33-jährigen wäre ein Comeback in der Königsklasse ein Riesenerfolg gewesen, doch er muss sich nun zunächst mit der Rolle als dritter Mann abfinden.

Dabei war eine Rückkehr ins Cockpit eines Formel 1-Boliden vor einigen Jahren für Kubica noch undenkbar gewesen. Der ohne Zweifel talentierte Pole galt als kommender Weltmeister. Wusste er beim Team von BMW Sauber in den Jahren 2006-2009 stets auf ganzer Linie zu überzeugen, wechselte er 2010 zu Renault und lieferte auch in diesem Jahr vielversprechende Leistungen ab.

Doch 2011 war der Formel 1-Traum ausgeträumt und der als kommende Champion gehandelte Kubica hatte Glück im Unglück. Als er vor der Saison an einer Rallye in Italien teilnahm, verunglückte er schwer. Dabei konnte seine rechte Hand nur in einer Not-OP gerettet werde, doch der Weg zurück in ein Formel 1-Cockpit schien ausgeschlossen.

Nach fast 7-jähriger Abstinenz kletterte er jedoch im Juni 2017 wieder in einen Renault-Formel 1 und hatte das geschafft, womit keiner mehr gerechnet hatte. Er wurde danach schon fast in einen Vertrag bei den Franzosen hineingeschrieben, doch die Mannschaft hatte andere Pläne. So fand sich Kubica, der mittlerweile von Nico Rosberg gemanagt wird, Ende letzten Jahres zu Testfahrten bei Williams ein.

Zwar hätte auch der Pole Sponsorengelder mitgebracht, jedoch nicht in der Höhe wie sein junger Kollege Sirotkin. Doch hat Williams die Entscheidung aus rein finanziellen Gründen getroffen, schließlich sieht es finanziell nicht gerade rosig aus bei den Briten?

Sorgenkind Williams

Die großen Zeiten des Rennstalls sind schon lange vorbei. In der 80er Jahren immer vorne dabei, zu Beginn der 90er dominierend und auch in der Partnerschaft mit BMW lange erfolgreich, ist man längst im Mittelfeld verschwunden. Für Podiumsergebnisse wird auch im nächsten Jahr viel Glück von Nöten sein, was man mit Youngster Lance Stroll im letzten Jahr immerhin schon einmal hatte.

Doch von Siegen und Weltmeisterschaften kann man nur noch träumen. Williams hat keinen Automobilhersteller an seiner Seite oder einen investitionsfreudigen Milliardär. Letztes Jahr brachte der Wechsel von Bottas zu Mercedes noch Geld in die Kassen, zudem brachte auch Lawrence Stroll, der Vater von Lance Stroll, ordentlich Sponsorengelder mit, die Rede ist von rund 30 Millionen. Aber auch das soll 2018 weniger werden. So brauchte man zwangsläufig einen Fahrer mit guten Sponsoren im Gepäck.

Kubica drehte in Abu Dhabi bei den letzten Testfahrten Runde um Runde und lieferte eine solide Leistung ab. Er war um einen Hauch schneller als Stammpilot Stroll, was für einen Rückkehrer eine durchaus ordentliche Leistung war. Wenn man bedenkt, dass die Ärzte nach seinem fürchterlichen Rallye-Crash 2011 seine Karriere schon für beendet erklärt hatten, ist die Rolle als Reservepilot eine Leistung, vor der man nur den Hut ziehen kann. Kubica selbst sprach davon, dass er bei 90% seiner Leistungsfähigkeit gewesen sei und es waren am Ende wohl auch die fehlenden 10%, die die Entscheidung zu Gunsten des Russen Sirotkin fallen ließen.

Sirotkin - vom Renault-Tester zum Williams-Pilot

Sergey Sirotkin – Besser als gedacht?

Auf eine Runde gesehen und auch auf die Renndistanz hin hatte Sergey Sirotkin die Nase beim Testen noch vor Kubica, die Entscheidung also lediglich der höheren Mitgift zuzuschieben, wäre falsch. Doch wie stark ist Sirotkin wirklich?

Der junge Russe durchlief eine klassische Laufbahn im Formelsport, ohne dabei in den Anfangsjahren wirklich zu glänzen. Die Formel Abarth, die italienische Formel 3 und auch die Formel Renault 3,5 Liter waren die Stationen des Russen, der hier zwar gute Platzierungen einfahren konnte, aber für ganz vorne reichte es nur selten.

Er verbrachte zwei volle Saisons in der heutigen Formel 2, hier konnte er sich zumindest im Vorderfeld etablieren und beendete sowohl 2015, als auch 2016, die Meisterschaft auf dem dritten Gesamtrang. Doch nach einem Überflieger klingt das nun wirklich nicht und zu Zeiten, als Williams in der Formel 1 ganz vorne mitspielte, hätte man solch einen Namen hier vergeblich gesucht.

Sirotkin findet jedoch in Nico Hülkenberg einen Befürworter, der Russe war bei Renault als Testpilot tätig, von daher wird ihn der Deutsche gut beurteilen können. Hülkenberg schätzt den jungen Fahrer als harten Arbeiter, doch es ist an Sirotkin zu beweisen, dass er das Williams-Cockpit auch aufgrund seines Talents bekommen hat.

Mit Stroll und Sirotkin stimmt für Williams zumindest für die kommende Saison das Budget, doch im Vergleich mit der Konkurrenz wird sich diese Fahrerpaarung mehr als schwer tun. Und ohne gute Resultate wird Williams das Geld im Folgejahr erneut fehlen. Bleibt für die Briten zu hoffen, dass wenigstens der neue Bolide ein großer Wurf wird, damit man für die eine oder andere Überraschung sorgen kann.