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Auf der Suche nach dem neuen „Superhelden“

Vierschanzentournee wird vom Mega-Event zur Randerscheinung

Aktuell findet wieder die Vierschanzentournee im Skispringen der Herren statt. Die Veranstaltung, die Anfang der 2000er noch Millionen Zuschauer gebannt vor den Fernseher zog, ist heute meist nur noch eine Randnotiz. Damals wurden die erfolgreichen deutschen Athleten in den Himmel gelobt und waren Superstars. Martin Schmitt und Sven Hannawald sind wohl nahezu jedem einigermaßen sportinteressierten Bundesbürger ein Begriff.

Es stellt sich die Frage, was aus dem Skispringen geworden ist und warum die durchaus beachtlichen Erfolge der Deutschen doch fast nur den Skisprung-Fans bekannt sind.

Klar ist, dass RTL mit seinen Übertragungen mit ihrem „Dream-Team“ Günther Jauch und Dieter Thoma alle Hebel in Bewegung setzte, um den Sport optimal zu vermarkten. Mit Martin Schmitt gab es einen Superstar, der Ende der 90er gleich zweimal den Gesamtweltcup gewann. In dessen Schatten baute sich mit Sven Hannawald dann der neue Superstar auf. Der mittlerweile 42-Jährige gewann bei der Vierschanzentournee 2001/2002 als bisher einziger Sportler alle vier Springen.

Ohne Identifikationsfiguren nur noch Randerscheinung

Das stellte wohl den Höhepunkt der Popularität des Skispungs in Deutschland dar. Hannawald wurde zu Deutschlands Sportler des Jahres und Jauch und Thoma wurden für den Deutschen Fernsehpreis nominiert.

Hannawalds historischen Sieg von 2002 seht ihr im Video:

Doch es folgte der Absturz. Martin Schmitt konnte nicht mehr an alte Erfolge anknüpfen und Hannawald zerbrach am hohen Druck und beendete 2004 seine Karriere. RTL zog sich wegen immer schlechterer Quoten 2007 aus dem Skispringen zurück.

Zwar gibt es bereits seit Jahren mit Severin Freund einen absoluten Top-Springer, doch der Sport konnte sein Tief in Deutschland nicht überwinden. Obwohl Freund mit 22 Weltcup-Siegen mittlerweile vier Erfolge mehr als Hannawald hat und 2014 den Gesamtweltcup gewann, würden wohl auch viele Sport-Fans ihn nicht erkennen.

Nach einer Hüft-OP spielt der Vorjahres-Zweite bei dieser Tournee keine Rolle, heute nun das endgültige Aus. Eine Erkältung macht ein sinnvolles Weitermachen nicht möglich. Folglich setzt Freund die beiden letzten Springen in Innsbruck und Bischofshofen aus. Stattdessen gibt es den Versuch, über Markus Eisenbichler Quoten zu generieren. Der 25-Jährige liegt nach zwei Springen auf Platz vier und wurde nun zum neuen Hoffnungsträger. Dies allerdings ohne realistische Chancen auf den ganz großen Coup. Am Ende wird er nur ein weiterer Kandidat gewesen sein, der die Nachfolge von Hannawald und Schmitt antreten sollte. So richtig schafft das wohl vorerst keiner.

Autor: Michael Knüppel
Bildquelle: GettyImages