Water

Die gefährlichsten Wellen der Welt - Teil 2: USA

+++ Die Welle, die dich wie eine Zange packt +++

20 Minuten südlich von San Francisco in der Nähe von Half Moon Bay findet man eine der berüchtigtsten Wellen der Welt – Mavericks. Die Riesenwelle die 800 Meter vor der Küste massiv und wild die besten Surfer der Welt herausfordert. Das eisige Wasser formt eine dicke „Lip“ bevor es über haushohen Felsen bricht. Die Besonderheit dieses Ortes ist der Oberfläche des Meeresbodens geschuldet. Denn dort, vor Pillar Point, formt sich aus den Untiefen des pazifischen Ozeans eine lange felsige und spitz zulaufende Rampe mit steilen Abhängen. Bringen die Winterstürme im Nordpazifik die richtige Dünung hervor, werden die Wassermassen im seichten Wasser über den Anstieg abgebremst, während über die seitlichen Untiefen die Wellen mit der ursprünglichen Geschwindigkeit weiter rauschen. So entsteht die Mavericks-typische U- oder V-Form der Welle, die der Surfer Ken Bradshaw einst als Zange beschrieb. Die Wasserberge, die sich nach Stürmen regelmäßig bis 8 Meter hoch auftürmen, aber auch bis zu 18 Meter erreichen können, brechen so massiv, dass sie seismografisch nachgewiesen werden können. Seit 1999 findet dort einer der namenhaftesten Wettbewerbe der Welt statt - das „Titans of Mavericks“. 24 Weltklassesurfer warten zwischen dem 1. November und 31. März einer jeden Saison auf den entscheidenden Anruf. Neunmal wurde der Wettbewerb bisher ausgetragen.

Benannt wurde die Welle nach einem deutschen Schäferhund, der drei Freunde im Jahr 1967 regelmäßig zum Surfen begleitete. Maverick musste an diesem Spot allerdings draußen bleiben und auch die drei Surfer trauten sich nur an die küstennahen Wellen heran. Die Riesenwellen weit draußen schätzten sie als zu gefährlich und nicht-surfbar ein. Dies änderte sich 1975, als der Einheimische Jeff Clark genug davon hatte sich die Wellen anzuschauen und sie stattdessen surfen wollte. Er erlernte extra die right-food-technik um die Welle auf der besseren, rechten Seite abzugleiten. 15 Jahre lang hatte er den Spot für sich alleine. Keiner seiner Bekannten wollte das Risiko eingehen und niemand von außerhalb glaubte Clark bezüglich der Existenz der Riesenwellen in Nordkalifornien. Erst 1990 kamen die ersten Surfer seinem Aufruf nach und ein Foto der Welle im Surfer Magazine brachte den Durchbruch. Zu traurigem Ruhm kam der Spot als im Dezember 1994 der bekannte Big Wave Surfer Mark Foo ums Leben kam. Er stürzte kurz vor dem Wellenboden einer 5 Meter Welle. Obwohl der Wipeout nicht sehr schlimm war, ertrank Foo. Seine Leash verfing sich an den Felsen und hielt ihn unter Wasser. Mike Parson, der gemeinsam mit Brock Little die nächste Welle nahm, spürte bei seinem Wipeout wie jemand unter Wasser versuchte an die Oberfläche zu gelangen. Fälschlicherweise hielt er ihn für Brock Little, welchen Parson kurz darauf an der Oberfläche wiedersah und somit annahm Little habe sich befreit.

Der Schock, der durch die Surfwelt ging, sorgte zum einen dafür, dass Leashes entwickelt wurden, die schnell reißen und darüber hinaus wurde eine Wasser Patrouille eingeführt, die an besonders großen Tagen in Mavericks für Sicherheit und schnelle Rettungen sorgen soll. Trotzdem gab es 2011 den nächsten Todesfall, als Sion Milosky ertrank, nachdem er durch zwei aufeinanderfolgende Wellen unter Wasser gehalten wurde. Einen Monat vorher wurde er zum Underground Surfer des Jahres gewählt. Mit dem gewonnen Preisgeld reiste er nach Kalifornien um Mavericks zu surfen.

Mitte der 90er kam das tow-in-Surfen nach Mavericks, führte dort aber dazu, dass das allgemeine Interesse an dem Spot erheblich sank. Viele waren der Meinung, Mavericks zu surfen müsse man sich durch das Anpaddeln aus eigener Kraft körperlich verdienen. So entwickelte es sich wieder zu den Ursprüngen zurück und das tow-in-Surfen wird nur noch an extrem großen Tagen bevorzugt. Shane Dorian zeigte 2010 eindrucksvoll, was in Mavericks aus eigener Kraft möglich ist.

„It’s a nasty place“

160 Kilometer südlich von Mavericks läuft der Carmel Canyon seicht auf die Küste der Ghost Tree Region in Kalifornien aus. Entlang der Küstenlinie stehen verblasste Zypressen-Baumstümpfe, die der dramatischen Szenerie den unheimlichen Namen geben. Bis zu 24 Meter türmen sich die Wellen über riesige, scharfkantige Felsen auf, so schnell und groß, dass Ghost Tree fast zu einem reinen tow-in-Surfspot wurde. Denn die wenigen die es mit dem Anpaddeln versuchten, konnten meist lediglich das Ende der Welle surfen. Zu gefährlich und unumgänglich wäre ein Wipeout gewesen. Im Mai 2005 schaffte Don Curry dank eines tow-in die erste 18-Meter-Welle, die der Carmel Canyon dort gelegentlich über Normalnull drückt. Einige der weltbesten Surfer halten Ghost Tree auf Grund der Felsformationen, die dicht unter der Wasseroberfläche liegen, für viel zu gefährlich zum Surfen. 2007 zog sich der Surfer Peter Davi hier nach einem Wipeout eine schwere Kopfverletzung zu und ertrank. Don Curry ist sich jedenfalls sicher, dass Ghost Tree noch weitaus gefährlicher ist als Mavericks. Sein Ziel ist es nicht, dort neue Rekorde aufzustellen, sondern um jeden Preis Verletzungen zu vermeiden. Selbst die Anfahrt vom nächsten Hafen zum Breakpoint gestaltet sich als lang und ungemütlich. Für Don Curry steht fest: „It’s a nasty place“.