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Die Tragödie des Jahres

Der Absturz des Fußballteams aus Chapecoense

Es war die Tragödie des Jahres und sie ist noch nicht mal vier Wochen her. Am 28. November stürzte eine bolivianische Charterflugmaschine kurz vor der Stadt Medellin in Kolumbien aufgrund von Treibstoffmangel ab. Mit an Bord das komplette Team des brasilianischen Fußball-Erstligisten Chapecoense. Flug „LaMIa2933“ war auf dem Weg zum Finalspiel um den Südamerika-Cup gegen Atlético Nacional. 71 Menschen ließen ihr Leben, neben Fußballern und Betreuern von Chapecoense auch 20 Journalisten. Nur sechs Menschen überlebten: drei Fußballer, zwei Crewmitglieder und ein Journalist.

Einer davon ist der Verteidiger Helio Hermito Zampier Neto. Der 31-Jährige liegt derzeit im Krankenhaus und ist bei Bewusstsein, sein Zustand ist allerdings noch nicht vollständig stabil. Das berichtet die brasilianische Zeitung "O Globo". Demnach wurde Neto erst später über die schreckliche Tragödie informiert. Die Krankenhaus-Psychologen empfahlen, ihm anfangs noch nicht vom Tod seiner Mitspieler zu erzählen. Seine Genesung solle keinesfalls durch den möglichen Schock beeinträchtigt werden. Das medizinische Personal hatte aber mit stetiger Besserung seines Zustands die Pflicht, Neto über den Tod seiner Teamkollegen zu informieren. Dem Verteidiger wurde immer mehr bewusst, dass seine Verletzungen keine normalen Fußball-Verletzungen sein könnten. Der Arzt des behandelnden Krankenhauses RioNegro in Medellin, Dr. Carlos Medonca, sagte gegenüber der Presse: „Wir hatten eine Unterhaltung mit Neto, wir haben gemeinsam mit einem Kollegen und ihm über den Unfall gesprochen. Die Vereinbarung war, dass wir es erst machen, wenn keine Rückschläge mehr in seinem Genesungsprozess zu befürchten sind.“

Neto hatte bereits eine Vorahnung, da ein Flugzeug in seinem Traum abgestürzt sei und er sich Sorgen um die Reise gemacht habe. Die Schock-Nachricht nahm er laut Arzt Medonca „anfangs sehr emotional auf, weil er von nichts wusste. Aber er ist stark und realisiert es allmählich.“ Seine Familie und die Ärzte sind aber dennoch zuversichtlich, dass der 31-Jährige in Zukunft wieder Fußball spielen könne. Der Torhüter Jackson Follmann wird zwar kein Fußball mehr spielen können, aber sicher froh sein, dass er mit einer Teilamputation seines rechten Beines überlebt hat.

Das letzte Spiel bestritt Chapecoense am Tag vor dem Unglück, als das Team aus dem Bundesstaat Santa Catarina bei Rekordmeister Palmeiras um Ex-Bundesligaspieler Zé Roberto mit 0:1 unterlag. Nach der Beerdigung der Todesopfer wurde der 50-jährige Vagner Mancini als neuer Trainer verpflichtet und ist nun dem Neuaufbau der Mannschaft beauftragt, denn der brasilianische Erstligist wird schon am 29. Januar sein erstes Spiel nach dem tragischen Flugzeugunglück bestreiten. Der Klub empfängt dann in der Meisterschaft International de Lage. Aus Solidarität hat der brasilianische Verband schon in Aussicht gestellt, dass Chapecoense in den kommenden drei Spielzeiten nicht in die zweite Liga absteigen kann. Von nahezu jeder Mannschaft haben sich Spieler bereit erklärt ab sofort für den 1973 gegründeten Verein aufzulaufen. Unter anderem haben Ronaldinho, Romario und Zé Roberto sich bereit erklärt.

Die Aktion fand auch im benachbarten Ausland Anklang. Der argentinische Verband verkündete auf seiner Webseite, dass die ihm angehörigen Klubs ebenfalls Spieler abstellen wollen. Auch Club Libertad aus Paraguay will helfen. Aus Kolumbien kam zuvor bereits der Vorschlag dem brasilianischen Klub den Copa-Pokal zu verleihen, denn ohne das gespielte Finale will der FC Medellin den Pokal nicht annehmen.

Das bis zu dem Absturz der Passagiermaschine in Kolumbien letzte Flugzeugunglück mit getöteten Sportlern ereignete sich vor fünf Jahren. Hier eine kleine Dokumentation aller bekannten Flugzeugunglücke mit Sportlern:

September 2011: Die Passagiermaschine mit dem russischen Eishockey-Team Lokomotive Jaroslawl stürzte unmittelbar nach dem Start in Jaroslawl ab. Mehr als 40 Menschen kommen ums Leben.

April 1993: Auf dem Flug zu einem WM-Qualifikationsspiel im Senegal stürzte die Militärmaschine aus Sambia ins Meer. Dabei kamen alle Spieler der Fußball-Nationalmannschaft ums Leben.

Juni 1989: Auf dem Weg zu einem Wohltätigkeitsspiel auf Paramaribo streifte eine DC-8 der surinamischen Gesellschaft SLM beim Landeanflug einen Baum und zerschellte. Unter den 174 Toten waren 16 in den Niederlanden arbeitende Profifußballer.

Dezember 1987: Ein Flugzeug der peruanischen Marine stürzte vor der Küste von Lima ins Meer. Unter den 43 Todesopfern waren 16 Spieler der Fußballmannschaft Alianza Lima, davon auch vier Nationalspieler.

Oktober 1976: 16 Mitglieder der Fecht-Jugendnationalmannschaft Kubas kamen beim Absturz einer DC-8 bei Bridgetown (Barbados) ums Leben. Nach einer Bombenexplosion an Bord starben insgesamt 73 Menschen.

Oktober 1972: Eine Maschine der uruguayischen Luftwaffe prallte in den chilenischen Anden gegen einen Berg. An Bord war auch eine 40-köpfige Rugby-Mannschaft aus Montevideo. Zehn Wochen später wurden 16 Menschen entdeckt und gerettet. Wohl auch Kannibalismus ließ sie überleben.

Januar 1966: Sieben Mitglieder der italienischen Schwimm-Nationalmannschaft kamen bei Bremen ums Leben, als eine Convair 440 Metropolitan der Lufthansa nach einem abgebrochenen Landeversuch abgestürzt ist.

Februar 1961: 17 amerikanische Eiskunstläufer starben, als ihre Boeing 707-329 beim Anflug auf Brüssel abgestürzt ist. Die Sportler waren auf dem Weg von New York zu den Weltmeisterschaften in Prag.

Februar 1958: Die Fußballmannschaft von Manchester United stürzte auf dem Rückflug von einem Europacupspiel bei Roter Stern Belgrad kurz nach einer Zwischenlandung in München mit einer Chartermaschine ab. Insgesamt starben 23 Menschen, darunter acht Fußballspieler. 15 Insassen überlebten, dazu zählten auch Fußball-Legende Bobby Charlton und Trainer Matt Busby.

Mai 1949: Eine Maschine mit der Mannschaft des FC Turin an Bord streifte auf dem Rückflug von Lissabon bei Turin einen Kirchturm und stürzte ab. Alle 31 Insassen kamen ums Leben, darunter 15 Fußballer.