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VW und Motorsport feiern Goldene Hochzeit

Jost Capito hält die Beziehung in Takt

Volkswagen Motorsport steht seit jeher für Erfolg. Was sie anpacken, wird veredelt. Im Gegensatz zum Mutterkonzern, der zurzeit eher mit negativen Schlagzeilen aufwartet, sammeln die Tourenwagen und Rallye-Karossen seit Jahren Titel am laufenden Band. Vater des Erfolges ist Jost Capito. In diesem Jahr feiert er mit der Motorsport-Sparte des deutschen Großkonzerns 50-jähriges Jubiläum und ist auch noch lange nicht müde.

Gestartet ist das, was heute Volkswagen Motorsport ist, damals noch als Verband „Formel V Europa.“ Ein Formel-V-Rennwagen der ersten Generation, liebevoll auch als „Sportrakete mit Käfer-Treibsatz“ bezeichnet, war für rund 10.000 DM zu haben. Einen kostengünstigeren Einstieg in den Motorsport gab es 1966 und auch heute nicht. Seitdem brachte Volkswagen Motorsport Größen wie Keke Rosberg, Tom Kristensen, Michael Schumacher und Max Verstappen hervor. Letzterer wurde erst im letzten Jahr zum jüngsten Formel-1-Piloten aller Zeiten. Der jetzt 18-Jährige fährt für das Red-Bull-Ausbildungsteam Toro Rosso, mit dem damals auch Sebastian Vettel in die Königsklasse des Motorsports startete.

Jost Capito - Vater des Erfolges

Der Mann hinter dem aktuellen Erfolg ist der Volkswagen Motorsport-Direktor Jost Capito. Seit Mai 2012 ist der 57-Jährige für die Geschicke der hundertprozentigen Volkswagen-Tochter verantwortlich. In seine Amtszeit fallen bereits neun Rallye-WM-Titel. Dieser Mann hat die gesamte 50-jährige Historie als Zuschauer, Fahrer und Funktionär verfolgt und passt deshalb wie kein Zweiter in diese Funktion, die er seit 2012 inne hat. Bereits vor seiner Geburt hat er die ersten Motorsportmomente miterlebt. „Und zwar, als meine Mutter mit mir schwanger war und das Motorradrennen „Isle of Man TT“ besucht hat. Ich habe nichts gesehen, aber gehört – und das hat mir gefallen.“

Bereits im Alter von drei Jahren war er auf Enduro-Veranstaltungen. Seit seinem ersten Besuch an der Rennstrecke fieberte er seinem Führerschein entgegen. Den dann mit 16 bestanden, war der Neunkirchener ein Jahr später schon Deutscher Junior-Enduro-Meister. Das Rennfahrer-Blut liegt in seinen Genen. Vater Karl Friedrich Capito nahm seinen Sohn Jost 1984 als Beifahrer mit auf die Rallye Dakar. „Wir hatten zu Hause immer Offroad-Fahrzeuge, weil mein Vater zur Jagd gegangen ist. Und genau zu dieser Zeit hatten wir einen Iltis. Schon etwas Besonderes, wenn dann ein solches Modell zu Hause in der Garage steht.“ Jost faszinierte eines noch mehr als auf der Strecke zu sein: die technische Umsetzung – bereits ein Jahr später im Alter von 27 Jahren heuerte er bei BMW für die Entwicklung von Hochleistungsmotoren an. Über Porsche, Sauber und Ford kam er zu VW. Er ist nun der siebte Sportchef und löste den ehemaligen Formel-3-Meister Kris Nissen ab. „Ich habe etwas übernommen, das die Handschrift meiner Vorgänger trägt. Nur deshalb ist der Erfolg überhaupt möglich.“

Sein Steckenpferd ist und bleibt der Rallyesport. „Bei der Rallye Dakar erlebt man den Motorsport in jeder Facette, egal auf welchem Gebiet. Diejenigen, die bei der Dakar erfolgreich sind, können auch andere Bereiche erfolgreich gestalten. Ein erfolgreiches „Dakar“-Team zu haben, auf das andere Motorsport-Aktivitäten aufgebaut werden konnten, war die beste Voraussetzung und willkommener Luxus. Die Akzeptanz gegenüber Sponsoren etwas Neues zu tun ist größer, wenn man bereits auf ein starkes Motorsport-Portfolio blicken kann. “Doch trotzdem sollte der Wechsel her. Statt einmal im Jahr den Fokus zu setzen, wollte man die ganzjährig stattfindenden Rallye-WM-Rennen bestreiten und am Ende des Jahres die WM-Trophäe in der Hand halten. „Weg von der Philosophie, bei einem Event im Jahr auf den Punkt konzentriert zu sein, hin zu 13-mal im Jahr mit genau der gleichen Hingabe bei jeder einzelnen Rallye. Das ist eine Änderung, die normalerweise schwer zu vollziehen ist.“

Neue Autos – neue Ziele

Volkswagen hat sich durch den Einsatz in der Rallye-Weltmeisterschaft im internationalen Motorsport etabliert. Mit der WRC sind sie jedes Jahr von Januar bis November rund um den Globus unterwegs. Die seriennahen Fahrzeuge können weltweit gekauft werden. Dort besteht ein hohes Identifikationspotenzial mit dem Rallye-Boliden. Der Polo ist derzeit das weltweit meistverbreitete Auto von Volkswagen. Das verdankt VW den Rallye-Teilnahmen. Die Zuschauer an der Strecke sehen das Auto, wollen auch dieses Feeling und kaufen sich das Auto ihres Rallye-Idols, auch wenn nur in der Straßenausstattung. Genauso wie der Rallye-WM-Einsatz in der heutigen Zeit Sinn ergibt, war es stimmig, dass VW Anfang der 2000er-Jahre mit dem Aufkommen des Touaregs an der Rallye Dakar teilnahm. „Das Beste, was gemacht werden konnte. Auch wenn die internationale Wahrnehmung bei nur einer Veranstaltung im Jahr natürlich geringer war.“

„Wir wollen erfolgreich sein, überall, wo wir antreten.“ - Jost Capito

Anders als andere Hersteller hat Volkswagen kein ausgelagertes Einsatzteam, sondern wickelt als Werksteam selbst den Einsatz ab. Capito findet die kurzen Entscheidungswege und die flachen Hierarchien sehr effektiv. „Wenn etwas ausgelagert ist, können schon mal verschiedene Interessen und Philosophien aufeinandertreffen.“ Aber ausschließen würde er die Auslagerung trotzdem nicht. „So etwas kann auch funktionieren, unsere Zusammenarbeit mit Andretti Autosport ist dafür das beste Beispiel. Da sind das Interesse und die Philosophie absolut kongruent.“

Motorsport braucht Typen

Nachdem schon Niki Lauda, Michael Schumacher und Tom Kristensen ihre Karriere mit Volkswagen Power im Heck begonnen haben, hat zuletzt Max Verstappen den direkten Aufstieg in die Formel 1 geschafft. „Die Nachwuchsarbeit von Volkswagen zeichnet aus, dass sie authentisch ist. Wir wollen keine Marionetten, sondern eigenständige Persönlichkeiten. Deswegen bieten wir Nachwuchsfahrern konkurrenzfähiges Material und den notwendigen Freiraum zur Entfaltung. Nur so haben Motorsport-Talente die Möglichkeit, sich in beiden Bereichen zu entwickeln – auf der Rennstrecke als Fahrer und daneben als Persönlichkeit“, so Capito.

Max Verstappen - eines der größten Formel-1-Talente mit VW-Ausbildung. ©GettyImages

Zum 50. Geburtstag ist Volkswagen im Motorsport so gut aufgestellt wie nie zuvor. Jost Capito freut vor allem die ständig wachsende Rallye-Weltmeisterschaft, die weltweit immer mehr an Bedeutung gewinnt. 2016 kommt eine neue Rallye in China dazu und mit Toyota ist ab 2017 ein weiterer Hersteller auf dem Rallye-Markt. Auch in der Formel 3, im neuen Kundensport-Bereich und auch im modernen und aufstrebenden Rallycross, das in USA schon stark vertreten ist, hat VW sich gut etabliert. Volkswagen ist damit im Motorsport zukunftssicher und zukunftsweisend aufgestellt.