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Deutsches Olympia-Team mit einigen Lichtblicken

Die letzten Medaillen in Rio wurden vergeben

Die XXXI. Olympischen Spiele der Neuzeit sind Geschichte. Für die deutschen Teilnehmer verliefen die Wettkämpfe in Rio wechselhaft. Vor dem Turnier gab es das große Ziel, die 44 Medaillen von London 2012 zumindest wieder zu erreichen, wenn möglich sogar zu toppen. Dies gelang den deutschen Olympia-Teilnehmern nicht. Insgesamt gewann Deutschland 42 Medaillen, wobei mit 17 Goldmedaillen gleich sechs Olympia-Siege mehr als vor vier Jahren errungen wurden. Die erfolgreichsten Sportarten waren der Kanu-Rennsport, das Schießen und wie nicht anders zu erwarten das Reiten. Die wohl größte Enttäuschung aus deutscher Sicht war das schlechte Abschneiden der deutschen Schwimmer, die es gar nicht auf das Sieger-Treppchen schafften. Einige Leistungen haben eine besondere Bedeutung und werden nochmals näher beleuchtet.

Christoph Harting holte beispielsweise überraschen Gold, nachdem sein Bruder in der Qualifikation ausschied. Sein Verhalten bei der Siegerehrung löste viele Diskussionen aus, auch wenn eigentlich die sportliche Leistung im Vordergrund stehen sollte.

Dies war definitiv bei Thomas Röhler der Fall. Der 24-jährige Speerwerfer aus Jena holte mit 90,30m sensationell die Goldmedaille. Im vorletzten Wurf zeigte der Schützling von Harro Schwuchow sein ganzes Können und verwies Julius Yego und Keshorn Walcott auf die Plätze. Dabei ist Röhler, der erst 2009 vom Sprung und Mehrkampf zum Speerwurf wechselte, kein „Kraftprotz“, wie man es von einem Weltklasse-Speerwerfer erwartet. Der 24-Jährige gehört eher zu den athletischen Speerwerfern, die durch das Paket aus Kraft, Schnelligkeit und Technik überzeugen. 2015 „schrammte“ Röhler knapp an Platz drei bei der Weltmeisterschaft vorbei, doch in dieser Saison ließ er mit einer neuen persönlichen Bestleistung von 91,28m aufhorchen. Diese Leistung konnte er bei der EM in Amsterdam nicht bestätigen und wurde Fünfter. Doch rechtzeitig zum Saison-Höhepunkt in Rio war er zur Stelle und sicherte Deutschland nach Jahrzehnten des Wartens wieder einen Olympia-Sieg im Speerwurf der Herren.

Mit Doppelsieg zum Fahnenträger

Bei der Eröffnungsfeier durfte Tischtennis-Spieler Timo Boll die deutsche Fahne tragen. Bei der Abschlussfeier war es der Kanute Sebastian Brendel. Durch seine sensationelle Leistung in Rio wurde dem 28-Jährigen diese Ehre zuteil. Zunächst gewann der Bundespolizist über die 1000m im Canadier Einer.

Damit wiederholte Brendel seinen Triumph von vor vier Jahren in London. Doch damit nicht genug. Auch im Canadier Zweier über die gleiche Distanz gewann Brendel gemeinsam mit Jan Vandrey die Olympische Goldmedaille. Neben den nunmehr drei Olympiasiegen wurde der Kanute bereits fünfmal Weltmeister und viermal Vize-Weltmeister. Darüber hinaus ist er neunfacher Europameister. Trotz dieser sensationellen Erfolge ist Brendel selbst unter Sportfans oftmals nicht bekannt. Doch genau das macht den Reiz der Olympischen Spiele aus. Auch Sportler aus Randsportarten stehen im Fokus der Öffentlichkeit und ihre Leistungen werden gebührend gewürdigt.

Hambüchen komplettiert olympische Medaillen-Sammlung

Anders ist dies bei Fabian Hambüchen. Auch wenn das Turnen in Deutschland ebenfalls zu den Randsportarten gehört, ist der 28-Jährige der Star bei den deutschen Turnern. Vor allem in seiner Parade-Disziplin dem Reck gehört der nur 1,63m große Turner seit Jahren zur Weltelite. Dies stellte er in Rio eindrucksvoll unter Beweis. Bei seinem letzen Wettkampf auf der internationalen Bühne gewann Hambüchen Gold am Reck. Somit kann er machen, was vielen großen Sportlern verwehrt bleibt. Der Turner aus Bergisch Gladbach tritt auf dem Höhepunkt seines Erfolges ab. Mit der Goldmedaille ist Hambüchens persönliche „Olympia-Sammlung“ nun komplett. 2008 in Peking gewann er Bronze und vor vier Jahren in London Silber.

In seiner erfolgreichen Karriere wurde er darüber hinaus 2007 Weltmeister am Reck und holte zwei zweite und sechs dritte Plätze bei Weltmeisterschaften. Außerdem ist Hambüchen insgesamt sechsfacher Europameister in den Disziplinen Reck, Mehrkampf und Boden. Turn-Fans haben allerdings weiterhin die Möglichkeit, die Turn-Künste des 28-Jährigen zu bewundern. In der Bundesliga tritt er weiterhin für den KTV Obere Lahn an.

Erste Olympia-Medaille für europäisches Damen-Team

Für die wohl größte Sensation aus deutscher Sicht bei den Olympischen Spielen in Rio sorgten allerdings die Beachvolleyballerinnen Laura Ludwig (30) und Kira Walkenhorst (25). Das Damen-Duo sorgte in Rio nicht nur für die erste deutsche Olympia-Medaille im Beachvolleyball der Damen überhaupt, es war darüber hinaus sogar die erste Medaille eines europäischen Damen-Teams. Dabei besiegte das Duo vom Hamburger SV im Finale die brasilianischen Weltmeisterinnen Agatha und Barbara klar in zwei Sätzen. Vor 12.000 Zuschauern in der Beachvolleyball-Arena an der Copacabana ließen Ludwig und Walkenhorst ihren Kontrahentinnen keine Chance.

Der Olympia-Sieg ist selbstverständlich der bisher größte Erfolg der beiden Volleyballerinnen, die erst seit 2013 zusammen spielen. Nachdem die beiden 2015 und auch in diesem Jahr Europameister wurden, sind sie nun eindrucksvoll in der Weltspitze angekommen. Der Sieg der beiden Damen lässt Erinnerungen an den Triumph von Jonas Reckermann und Julius Brink in London wach werden. Vor vier Jahren gewann die beiden Deutschen ebenfalls olympisches Gold im Beachvolleyball. Dass die beiden Erfolge kein Zufall waren und die Grundlagen hierfür vor allem in hartem sowie gut geplantem und strukturiertem Training zu finden sind, beweist Jürgen Wagner. Wagner ist nämlich der Trainer von Laura Ludwig und Kira Walkenhorst und bereitete auch das Duo Reckermann/Brink auf ihren Olympiasieg vor. Wie es mit dem 60-Jährigen weiter geht, steht noch nicht fest, da sein Vertrag nach den Olympischen Spielen ausläuft. Da die beiden Olympiasiegerinnen bereits voller Tatendrang in Richtung der Olympischen Spiele 2020 in Tokio blicken, ist eine Ausweitung der Zusammenarbeit allerdings durchaus vorstellbar.

Neben diesen Erfolgen war Deutschland auch bei den Ballsportarten sehr erfolgreich. Sowohl das Damen- als auch das Herren-Team gewann im Hockey Bronze. Ebenso sicherten sich die Handballer gestern im kleinen Finale durch einen Sieg gegen Polen den dritten Rang beim olympischen Turnier. Auf Platz zwei schaffte es die U21-Auswahl der Herren im Fußball, die denkbar knapp an Superstar Neymar und seinen Brasilianern scheiterten.  Die Entscheidung fiel dabei im Elfmeterschießen. Besser machte es die deutsche Fußball-Nationalmannschaft der Frauen. Das Team von Trainerin Silvia Neid, die ihre Trainerkarriere nach Rio ebenso wie U21-Trainer Horst Hrubesch beendet, gewann im Finale mit 2:1 gegen Schweden und ist somit erstmals Olympiasieger.

Diese Ergebnisse machten die XXXI. Olympischen Spiele der Neuzeit für die deutsche Olympiamannschaft durchaus zu einem Erfolg, auch wenn es definitiv Sportarten gibt, in denen nach dem schlechten Abschneiden in Rio Konsequenzen folgen werden.

Autor: Michael Knüppel
Bildquelle: GettyImages