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29.6.1986 – Große Moral in der Gluthitze nicht belohnt

La Ola schwappte erstmals durch das Aztekenstadion

Zu Beginn des WM 1986 hatte kaum einer der Experten auf ein Finale mit deutscher Beteiligung tippen mögen. Brasilien mit den Ballzauberern Sócrates oder Zico, Europameister Frankreich mit seinem Star Michel Platini oder Argentinien mit Maradona, der fußballerischen Ausnahmegestalt der 80er Jahre, hatten deutlich talentiertere Mannschaften beisammen als der DFB, bei dem Franz Beckenbauer erstmals als verantwortlicher Trainer in ein großes Turnier ging.

Der "Kaiser" hatte schon vor dem Start für große Aufregung gesorgt, als er die Bundesliga als "Schrotthaufen" bezeichnete, der keine Spieler von Format produziere, weshalb Deutschland auch nicht Weltmeister werden könne. Während des Turniers verscherzte es sich Beckenbauer zudem mit großen Teilen des Kaders, denen er vorwarf, nicht Fußballspielen zu können. Nach einem überzogenen Zapfenstreich bezeichnete der Bundestrainer Uli Stein, Ditmar Jakobs, Klaus Augenthaler und Dieter Hoeneß als "Idioten". Die so Beleidigten drohten ihre sofortige Heimreise an, letztlich wurde nur Ersatztorhüter Uli Stein heim geschickt. Auch Toni Schuacher und Karl-Heinz Rummenigge konnten nur unter Druck an einen Tisch gesetzt werden. Baustellen über Baustellen, die das Team durch nur so durch die Vorrunde holpern ließen. Nach einem Unentschieden zum Auftakt gegen Uruguay schlug das DFB-Team Schottland mühevoll mit 2:1. Zum Abschluss setzte es eine 0:2-Niederlage gegen Dänemark.

Nur mit Mühe ins Finale

Nach erneut hart umkämpften Siegen gegen den krassen Außenseiter Marokko im Achtel- und im Elfmeterschießen gegen Gastgeber Mexiko im Viertelfinale folgte die erste überzeugende Turnierleistung gegen den Mitfavoriten Frankreich im Halbfinale. Mit etwas Glück verteidigten die Deutschen die frühe Führung Brehmes bis in die Schlussphase gegen stürmisch anrennende Franzosen, bevor Rudi Völler mit dem zweiten Treffer unmittelbar vor dem Abpfiff den Einzug in das Finale von Mexiko perfekt machte.

Die Argentinier mit dem überragenden Spieler des Turniers, Diego Maradona, waren eindeutig favorisiert – auch, weil die beiden besten deutschen Stürmer, Karl-Heinz Rummenigge und Rudi Völler, angeschlagen waren. Vor 144.600 Zuschauern sollte Lothar Matthäus in der Mittagshitze des Azteken-Stadions die Kreise der argentinischen Zaubermaus stören, was ihm auch eindrucksvoll gelang. Dafür waren es andere aus der Albiceleste, die der deutschen Abwehr neben den Temperaturen von mehr als 35 Grad im Schatten Probleme bereiteten. Nach dem 0:2 in der 52. Minuten glaubte doch trotzdem niemand mehr an ein Wunder. Doch Rummenigge und Völler brachten das DFB-Team wieder zurück. Plötzlich schien der dritte deutsche WM-Titel allen Widrigkeiten zum Trotz zum Greifen nah. Doch in der Euphorie warf man weiter alles nach vorne und dann schlug die Sekunde des Maradona. Drei Minuten nach dem Ausgleichstreffer hebelte der Superstar mit einem simplen Pass die bis zur Mittellinie aufgerückte deutsche Abwehrreihe aus und schickte Jorge Burruchaga auf seinen 30-Meter-Sprint zum Tor. Diego Armando Maradona durfte dann nach 90 Minuten den goldenen Pokal in die Höhe stemmen.

Nach der ersten Enttäuschung über die Finalniederlage muss der Vizeweltmeistertitel dieser Mannschaft als großer Erfolg gewertet werden. 11 Freunde waren sie nicht, aber spätestens 1986 zeigte Deutschland mal wieder warum man immer mit ihnen rechnen muss. Unsere Nationalelf ist und bleibt einfach eine Turniermannschaft!

Statistik:

Deutschland: Schumacher, D. Jakobs, Brehme, K. Förster, Briegel, T. Berthold, Matthäus, Eder, Magath (61. D. Hoeneß), Rummenigge, Allofs (46. Völler)

Argentinien: Pumpido, Cociuffo, Brown, Ruggeri, Enrique, Giusti, Batista, Burruchaga (88. Trobbiani), Olarticoechea, Valdano, Maradona

Schiedsrichter: Filho (Brasilien)