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Wo ist der Zauber geblieben?

Leicester City ist nach der Champions League-Pleite fast endgültig am Boden angekommen.

Mittwochabend 22:30, in Sevilla war auch der letzte Rückzugsort zur Glückseligkeit nicht mehr allzu wohlig. Beim Champions League Achtelfinal-Hinspiel in Sevilla kam man mit 2:1 zwar ergebnistechnisch nicht so deutlich unter die Räder, aber das haben sie auch nur den nicht ganz so treffsicheren Offensivkräften der Blanquirrojos zu verdanken. Damit ist auch die Zugehörigkeit im letzten verbliebenden Pokalwettbewerb stark gefährdet, wenngleich das Ergebnis noch alles für das Rückspiel offen lässt. Bleibt dann in drei Wochen (da findet das Rückspiel statt) vielleicht nur noch das täglich Brot – die Premier League. Genau der Wettbewerb, wo es seit Wochen nicht laufen will. Fünf Niederlagen hintereinander sprechen eine deutliche Sprache. Der Abstiegsplatz ist nach nur 21 Punkten aus 25 Spielen nur noch ein Punkt entfernt und der Spaß und die Leichtigkeit des letzten Jahres sind nicht mehr vorhanden, und nun der in der Fußballwelt logische Schritt der Trennung des Coaches. Auch wenn Claudio Ranieri bis zuletzt auf den Spirit des Teams setzte, denn das sei alles, was ihnen noch jetzt noch helfe. Doch, wo ist der Zauber geblieben?

Das sind die vier Gründe für das kriselnde Leicester City FC:

Das 'System Leicester' ist entschlüsselt

Leicester City war im letzten Jahr für jeden Gegner die große Unbekannte. Eine Truppe lauter NoNames, die der italienische Trainer zusammengeschmissen hat – vom Kleinkriminellen Vardy, dessen Karriere eigentlich schon vorbei war, über den nie über das Mittelmaß der Premier League hinauskommende Innenverteidiger Rober Huth bis hin zu Riyad Mahrez, der für einen Spottpreis von ca. 500.000 Euro vom algerischen Halbtalent zu Afrikas Fußball des Jahres wurde. Die Mischung jedes einzelnen Kickers, mit der Gewissheit vielleicht die letzte Chance auf Profifußball in Leicester zu finden, ergänzte sich die Truppe super. Auch die Wechselspieler, die immer wieder ins Spiel kamen, fügten sich nahtlos ein. Sie zelebrierten den perfekten „Überfallfußball“, den selbst Borussia Dortmund vor Neid erblassen lies. Das schnelle Umschaltspiel mit langen Bällen war in der letzten Saison noch das, was zum Erfolg führte. Mahrez und Vardy waren das berüchtigtste Sturmduo der Welt. Doch hinter ihnen spielte der X-Faktor des Teams

Schlüsselspieler Kanté fehlt an allen Ecken

Der Anfang 2015 noch unbekannte N‘Golo Kanté kam als fast schon Königstransfer für neun Mio. Euro vom französischen Caen. Er war der „Staubsauger“, der zentrale Mann im System Ranieri. Der 25-Jährige konnte in dieser Saison nicht ersetzt werden und genau das ist das größte Problem Leicesters. Es fehlt der Spieler, der Löcher stopft, da hingeht, wo es ernst wird, der immer den Blick für den freistehenden Mitspieler hat und sich einfach in jeden Ball reinwirft. Während der Saison noch ein wenig verkannt, wird vielen jetzt erst klar, wie wichtig Kanté wirklich war. Der FC Chelsea hat das frühzeitig erkannt und sich die Rechte des aus Mali stammenden Defensivallrounders satte 35, 8 Mio. Euro kosten lassen. Und drei Mal dürft ihr raten, wo Chelsea derzeit steht? Richtig, an Platz eins mit acht Punkten Vorsprung auf die Konkurrenz. Entscheidender Mann im Mittelfeld ist auch da N’Golo Kanté.

Ranieri ist wieder der „Tinkerman“

Dieser fehlende Schlüsselspieler und die Krise von Mahrez und Vardy zwangen Claudio Ranieri zum Umdenken. Er fand sein Erfolgssystem aus dem vergangenen Jahr nicht mehr. Nachdem er lange Zeit an seinen 4-4-2 festgehalten hat, versucht er seit etwa zwei Monaten immer wieder an diversen Stellschrauben zu drehen, doch besser wird es nicht. Die letzten fünf Niederlagen in der Premier League und das FA-Cup-Aus gegen den Drittligisten Millwall in der letzten Woche machen die Situation nur noch schlimmer. Schon am Ende von Ranieris Zeit bei Chelsea war er höchst umstritten. Er war bei Englands Buchmachern auf Platz eins für den nächsten Rausschmiss. Sie sollten Recht behalten, denn auch das schmeichelhafte Ergebnis beim FC Sevilla konnte darüber nicht hinwegtäuschen.

Überbelastung des immer noch dünnen Kaders

Und genau da könnte das nächste Problem verborgen sein. Die vielzitierte „Dreifachbelastung“ (in England durch den zusätzlichen League Cup ja gar eine Vierfachbelastung) macht den vermeintlich kleinen Teams mehr zu schaffen. So kann man Jahr für Jahr auch in Deutschland feststellen, dass die Kader von Mainz 05 oder Hertha BSC nicht für eine langfristige Dreifachbelastung ausgelegt sind. So haben international vertretene Vereine in Deutschland, aber auch oft in Spanien lange mit dem Abstiegskampf zu tun. Erst nach dem Ausscheiden auf internationaler Bühne stabilisiert man sich auch national.

Und irgendwie muss man genau das den Kickern aus Leicester fast schon wünschen, damit der Klub, der ein Jahr lang die Fußballherzen aus aller Welt so stark bereicherte, nicht wieder in der Versenkung verschwindet.