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24.06.1958 - Die Hölle von Göteborg lässt Deutschland scheitern

+++ Deutschland und Schweden standen danach am Rande einer Feindschaft +++

Mit dem Einzug ins Halbfinale hatte die deutsche Elf schon mehr erreicht, als ihr Fachleute zugetraut hatten. Doch gegen Schweden muss sich der Weltmeister von 1954 in einem denkwürdigen Spiel einer besseren Mannschaft mit 1:3 beugen. Schon Stunden vor Spielbeginn hallen „Heja, heja Sverige“-Rufe durch das Stadion von Göteborg. Zum Missfallen der FIFA-Offiziellen werden den von Gästemannschaften gefürchteten Einpeitschern sogar die Stadionlautsprecher zur Einstimmung des Publikums zur Verfügung gestellt. Als Schiedsrichter Zsolt die Mannschaften vor 50.000 Zuschauern zum Mittelpunkt führt, gleicht das Stadion einem „Hexenkessel“.

Doch das deutsche Team behält – zunächst – die Nerven und markiert in der 24. Minute die überraschende Führung durch Hans Schäfer (1. FC Köln). Aber die Freude währt leider nur neun Minuten. Zsolt übersieht ein Handspiel von Skoglund und während die deutschen Spieler reklamieren, nutzt der schwedische Linksaußen die Situation und erzielt den insgesamt verdienten Ausgleich.

Mit dem Wiederanpfiff wird das Spiel härter. Erich Juskowiak (Fortuna Düsseldorf) wird nach einem Revanchefoul an Hamrin des Feldes verwiesen (59. Minute). Die Schweden nutzen die numerische Überlegenheit zu Treffern durch Gren (81.) und Hamrin (88.). Dabei kommt ihnen zugute, dass Fritz Walter nach einem Foul von Parling das Spiel nur noch humpelnd bestreiten kann.

Enorme Ressentiments gegen das schwedische Volk

Das Verhalten des schwedischen Publikums während des Halbfinals löste in Deutschland Empörung aus, die zuweilen in antischwedischen Hetzkampagnen gipfelte. DFB-Präsident Peco Bauwens, der schon bei der Laudatio anlässlich des deutschen WM-Triumphs 1954 aus dem nationalsozialistischen Sprachgebrauch bekannte Phrase – „Fahne des Herzens“, „Führerprinzip“ – bemüht hatte, schnürte Ressentiments: „was hier passiert ist, grenzt an Volksverhetzung. Nie mehr werden wir dieses Land betreten, nie mehr werden wir gegen Schweden spielen.“ Für ihn folgerichtig, lehnte er auch die Endspieleinladung ab.

Auch in Deutschland schlugen die Wellen hoch: Schwedischen Urlaubern wurden die Reifen zerstochen, an Tankstellen und in Reparaturwerkstätten wurden sie abgewiesen und mancher Gastwirt strich die sonst gern genommene „Schwedenplatte“ aus seinem Angebot.

Die Presse beteiligte sich mit teils skandalösen Berichten an dem Kesseltreiben, wobei die „Saar-Zeitung“ sich mit einem unglaublichen Artikel hervortat: „Das offizielle Schweden hat hämisch zugelassen, dass rund 40.000 Repräsentanten dieses mittelmäßigen Volkes, das sich nie über…völkische Durchschnittsleistungen erhoben hat, den Hass auf uns auskübelte, der nur aus Minderwertigkeitskomplexen kommt. … Es ist der Hass eines Volkes, dem man das Schnapstrinken verbieten muss, weil es sonst zu einem Volk von maßlosen Säufern würde.“

Statistik:

Deutschland: Herkenrath, Stollenwerk, Juskowiak, Eckel, Erhardt, Szymaniak, H. Rah, F. Walter, Seeler, Hans Schäfer, Cieslarczyk

Schweden: Svensson, Bergmark, Axborn, Börjesson, Gustavsson, Parling, Hamrin, Gren, Simonsson, Liedholm, Skoglund

Schiedsrichter: Zsolt (Ungarn)