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Karriere auf dem zweiten Bildungsweg

Jonathan de Falco musste seine Karriere frühzeitig beenden. Jetzt feiert er sein Comeback - in der Pornoszene

Jonathan de Falco wird den wenigsten ein Begriff sein, Stany Falcone vielleicht noch weniger. Trotzdem widmete ihnen das renommierte Fußballmagazin „11 Freunde“ eine Reportage. Doch wer sind diese Männer, dass sie scheinbar ohne großartige sportliche Leistungen im Rampenlicht stehen, genauer gefragt: Wer ist dieser Mann?

Jonathan erblickt am 8. Oktober 1984 in Brüssel das Licht der Welt. Wie jeder Junge will er Fußballprofi werden, sein Vorbild ist Enzo Scifo, Mittelfeldmotor der belgischen Nationalmannschaft die 1986 ins Halbfinale der WM stürmte. Seine Spielweise ist zwar weniger filigran und technisch geprägt wie die von Scifo, dafür umso athletischer. Mit 19 schafft er den Sprung in die dritte Belgische Liga. Bei Oud-Heverlee Leuven nimmt seine Karriere langsam Fahrt auf. Und auch privat scheint alles im Lot zu sein, Geld, Wohnung, Freundin – passt. Trotzdem plagt ihn damals schon ein Gefühl der Unsicherheit, immer häufiger findet er sich in der Schwulenszene von Brüssel wieder, er fühlt sich zu Männern hingezogen. Was aber nur eine Phase sein muss, denn Schwule verhalten und kleiden sich viel femininer, denkt er.

Dramatisches Karriereende

Sportlich geht’s weiter bergauf. Bereits im ersten Jahr gelingt der Aufstieg. Nach zwei weiteren Jahren der Wechsel zum Ligakonkurrenten KMSK Deinze. Hier avancierte der Rechtsverteidiger zum unangefochtenen Stammspieler. Er bringt konstant seine Leistung und bekommt die ersten Anfragen aus der Jupiler League, der höchsten belgischen Spielklasse. Allerdings führt der forcierte Sprung in die Erstklassigkeit zu Streitigkeiten zwischen ihm und dem Verein. Der Trainer bestraft ihn mit Einzeltraining und der Verein steigt ab. Statt in der ersten findet sich de Falco jetzt in der dritten Liga wieder.

Beim KSV Sottegem befindet er sich wieder am Anfang und gleichzeitig am Ende seiner Karriere. Bei einem Kopfballduell im Training reist er sich die Iris im rechten Auge, trotz starker Schmerzen spielt er weiter. Etwa einen Monat später ist er halbseitig blind. Eine OP kann und wird ihm das Augenlicht retten, durch die lange Zeitspanne zwischen der Verletzung und dem Besuch beim Arzt wird es aber nicht als Arbeitsunfall gewertet. Er muss die kosten selber tragen.

Persönlichkeitsfindung führt zum neuen Job

Der finanzielle Ruin und die Gewissheit, dass er nicht mehr mit Fußball sein Geld verdienen wird, stürzen ihn in schwere Depression. Auch der innere Zwiespalt, ist er schwul oder nicht, der ihn seine ganze Karriere über Begleitet hat ist Grund für seine suizidalen Gedanken, aber anstatt sich das Leben zu nehmen beschließt er es genießen. Nachdem ein Comebackversuch bei Racing Mechelen scheitert, beendet er seine Karriere endgültig, mit nur 26 Jahren. Er findet sich immer öfter in den Schwulenvierteln wieder, räumt mit seinen eigenen Vorurteilen auf und findet Gleichgesinnte. Endlich muss er keine Angst mehr haben, dass ihn irgendwer wiedererkennt und an die Presse verpfeift. Er wird immer extrovertierter und fängt an als Gogo-Tänzer zu arbeiten. Eines Tages fragt ihn ein Porno-Produzent, ob er denn nicht interessiert wäre mit ihm zu arbeiten. Stany Falcone war geboren.

Diese Entscheidung ist auch gleichzeitig der Schritt an die Öffentlichkeit, mit dem Rückhalt seiner Familie lässt er wortwörtlich die letzten Hüllen fallen.

In den kommenden zwei Jahren macht er sich in der internationalen Pornoszene einen Namen, steigt regelrecht zum Topstar auf und ist jetzt weit über die Landesgrenzen Belgiens bekannt. Bei den „HustlaBall Awards“ gewinnt er sogar den Preis als „Bester Newcomer (EU)“.

Als sein Name bekannt genug ist, steigt er aus. Heute vermarktet er unter seinem Pseudonym eine eigenen Unterwäschekollektion, leitet ein Massagestudio und organisiert Partys.

Mit Fussball hat er nichts mehr am Hut. Kurz hat nach seinem Outing hat er noch versucht mit seiner neugewonnenen Popularität die Leute für das Thema Homosexualität im Fußball zu sensibilisieren. Politiker und Journalisten schlugen sich auf seine Seite, der belgische Fußballverband entwarf sogar einen Plan gegen Homophobie im Fußball. Sein Erbe an eine Sportart die trotz alle dem immer noch nicht bereit für schwule Profis ist und sie zwingt eine Last mit sich herumzutragen, die sie vielleicht daran hindert ihr ganzes Potential zu entfalten.

Man kann nur hoffen, dass der Fußball und seine Fans eines Tages bereit sind. Dank Menschen wie Jonathan de Falco bröckelt die Fassade hinter der sich die Verbände verstecken, einreißen müssen sie die aber selber.

Titelbildquelle: nbnoicias.com