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Deutsche Athleten mit tollen Leistungen bei Paralympics

Mit beeindruckenden Leistungen erhielten die Athleten zumindest für zwei Wochen die Aufmerksamkeit, die ihnen zusteht

Mit einer sehenswerten Abschlussfeier fanden die XV. Paralympics heute Nacht ihr Ende. In den letzten zwei Wochen begeisterten die Athleten die Zuschauer vor Ort und die Sportbegeisterten weltweit. Insgesamt wurden Medaillen in 528 Entscheidungen vergeben und am Ende steht das deutsche Team auf Platz 6 des Medaillenspiegels. Mit 18 Gold-, 25 Silber- und 14 Bronzemedaillen zeigten sich die deutschen Athleten und Verantwortlichen zufrieden und konnten damit an das gute Ergebnis von den Paralympischen Spielen 2012 in London anknüpfen. Damals holten die Sportler zwar sogar sieben Medaillen mehr, belegten in der Endabrechnung jedoch lediglich Platz acht.

Mit Vanessa Low und Markus Rehm haben sich darüber hinaus zwei junge deutsche Athleten noch mehr in den Fokus der Öffentlichkeit befördert. Rehm, der bei der Eröffnungsfeier die deutsche Fahne tragen durfte, gewann mit der 4x100m Staffel und im Weitsprung Gold. Vanessa Low gewann ebenfalls Gold mit neuem Weltrekord im Weitsprung und konnte darüber hinaus Silber über die 100m gewinnen. Doch auch neben den beiden Stars des deutschen Teams zeigten weitere Athleten tolle Leistungen.

Kompletter Medaillensatz für David Behre

Einer dieser Athleten ist der Sprinter David Behre. Der 30-Jährige verlor im Alter von 20 Jahren beide Unterschenkel nachdem er von einem Zug erfasst wurde. Bei seinem anschließenden Krankenhausaufenthalt sah er einen Bericht über den ebenfalls beidseitig unterschenkelamputierten Oscar Pistorius. Der südafrikanische Paralympics-Star und seine Geschichte imponierten Behre und er verschrieb fortan sich dem Behindertensport. Und nun konnte er in Rio gleich drei Medaillen gewinnen.

Bereits vor Rio konnte Behre einiges an Erfolgen nachweisen. Im letzten Jahr wurde er Weltmeister über die 400m und mit der 4x100m Staffel. Darüber hinaus gewann er bei vorherigen Weltmeisterschaften bereits drei Silbermedaillen, eine Bronze- sowie eine weitere Goldmedaille. In London 2012 wurde Behre des Weiteren Dritter über die 100m. Doch bei den Paralympischen Spielen in Rio verbuchte er nun den größten Erfolg seiner bisherigen Karriere. Mit der 4x100m Staffel gewann er gemeinsam mit Markus Rehm Gold. Darüber hinaus wurde er über die 200m Dritter. Zum Abschluss sollte dann ein Sieg über die 400m die Paralympics für ihn abrunden. Doch Behre wurde Zweiter und gewann Silber. Lediglich 0,03 Sekunden trennten ihn von Platz eins und seinem großen Traum die Thronfolge seines Idols Pistorius anzutreten. Somit geht es für den Deutschen mit dem kompletten Medaillensatz zurück nach Deutschland.

Die „silberne Irmgard“

Genau wie der inzwischen wegen Mordes an seiner Freundin verurteilte Oscar Pistorius wurde auch Irmgard Bensusan in Südafrika geboren. Die Tochter einer Deutschen startete früher bei den Nichtbehinderten. Doch bei der nationalen Meisterschaft Südafrikas stürzte sie an einer Hürde und verletzte sich schwer am Knie. Diese Verletzung führte zu einer bleibenden Nervenschädigung durch die der Athletin die Kontrolle über Muskeln im rechten Bein fehlt. Ihr drohte das Karriere-Ende. In Südafrika wurde dieses Handicap nicht als Behinderung anerkannt, doch ihre Mutter wendete sich an den DOSB. Das deutsche Team integrierte die 25-jährige Studentin und setzte sich für die Anerkennung der Behinderung ein. Durch eine Spezialschiene konnte Bensusan ihre Karriere fortsetzen und etablierte sich schnell in der Weltspitze des Behindertensports. Auch in Rio sorgte sie für Aufsehen. Die Deutsche holte insgesamt drei Silbermedaillen im Sprint. Über die 100m, die 200m und die 400m kam sie jeweils als Zweite ins Ziel.

Gold im Zeitfahren – ohne Sattel

Besonders erfolgreich waren die deutschen Radsportler. Einer von ihnen ist Vico Merklein. Der 39-Jährige gewann Gold im Handbike-Straßenrennen sowie Bronze im Handbike-Zeitfahren. Nachdem Merklein, der seit einem Motorradunfall einen Tag vor seinem 20. Geburtstag querschnittsgelähmt ist, bereits bei den Paralympics 2012 in London Bronze gewann, hat nun auch er die komplette Farbpalette in seiner Vitrine.

Der älteste deutsche Teilnehmer in Rio ist Hans-Peter Durst. Trotz seines hohen Alters von 58 Jahren gewann der Oldie gleich zweimal Gold. Durst ist Diplom Betriebswirt und leidet seit einem Unfall an einer Störung seines Gleichgewichtsorgans. Selbstständiges Gehen ist dabei unmöglich, aber auf seinem Renndreirad kann ihm keiner das Wasser reichen. In atemberaubender Manier gewann er zunächst das Zeitfahren über 20 Kilometer. Bei diesem Sieg zeigte der Deutsche nicht nur seine Klasse sondern auch sein Kämpferherz, denn bereits kurz nach dem Start brach sein Sattel ab und er musste den Rest des Rennens im Stehen mit losem Sattel fahren. Trotzdem war kein anderer Starter schneller. Auch das Straßenrennen konnte der 58-Jährige gewinnen, dieses Mal sogar mit einem funktionstüchtigen Sattel. Durst kann nun neben seinen insgesamt sechs Weltmeister-Titeln auch zwei paralympische Goldmedaillen vorweisen.

Franziska Liebhardt mit zwei Medaillen in zwei Disziplinen

Eigentlich ist das Kugelstoßen die Paradedisziplin von Franziska Liebhardt, doch in Rio bewies die 34-Jährige, dass sie auch beim Weitsprung zu den besten Frauen der Welt gehört. Bei ihren ersten und auch letzten Paralympics der Karriere gewann die Deutsche innerhalb von nur 17 Stunden gleich zwei Goldmedaillen. Zunächst bewies sie ihre Stärke beim Kugelstoßen und gewann souverän. Doch auch im Weitsprung zeigte Liebhardt ihre Klasse und gewann Silber. Diese beiden Medaillen sind gleichzeitig die größten Erfolge ihrer Karriere. Eine Überraschung war ihr Auftritt trotzdem nicht. Bei der diesjährigen Europameisterschaft gewann sie ebenfalls Gold mit der Kugel und Silber im Weitsprung. Ein Jahr zuvor bei der Weltmeisterschaft 2015 wurde sie in beiden Disziplinen Zweite. Wer die Leistungen von Franziska Liebhardt betrachtet, der kann sich schwer vorstellen, dass die 34-Jährige unter einer unheilbaren Autoimmunerkrankung leidet, weswegen ihr bereits eine Lunge und eine Niere transplantiert werden mussten. Durch die Erkrankung muss die 34-Jährige darüber hinaus auch mit einer spastischen halbseitigen Lähmung klarkommen.

Doch genau das ist es, was die Paralympics ausmacht. Die Leistungen der Sportler stehen im Vordergrund und nicht ihre Handicaps. Auch wenn an dieser Stelle nur wenige Sportler Erwähnung gefunden haben, so gilt der Respekt doch allen Athleten der Paralympics. Sportlern, die oftmals trotz harter Schicksalsschläge ihren Lebensmut nicht verloren haben und zeigen, dass man trotz Handicap fast alles erreichen kann. Nicht ohne Grund feierten die Zuschauer in Rio jeden Sportler, der an den XV. Paralympics teilnahm.

Autor: Michael Knüppel
Bildquelle: GettyImages